Der KolkrabeCorvus corax ...erstellt von Thomas Müller und Sascha Rösner |
![]() |
||
Ökologie,
Ausrottung, Wiederbesiedlung und Habitatnutzung in Hessen.
|
|||
Der Kolkrabe | ... in Hessen | ||
![]() |
AllgemeinesAls größter Vertreter der Singvögel (Passeriformes) ist der Kolkrabe Corvus corax (Linnaeus 1758) sicher vielen bekannt. Nicht nur aus wissenschaftlich/biologischer Sicht, sondern auch durch Sagen und Märchen wie in Wilhelm Buschs "Huckebein", Edgar Ellan Poes "The Raven" aus Grimmschen Märchen oder über zahlreiche andere sind die intelligenten schwarzen Vögel wohl vielen Menschen ein Begriff. Auch in vielen Religionen und Mythen nimmt das Tier eine bedeutende Rolle ein. So beispielsweise bei den Haida in Nordamerika als auch früher für Völker Nordeuropas. Die Göttervögel Odins, Kunin und Munin, seien hier erwähnt. |
Kennzeichen
|
VerbreitungDer Rabe ist nahezu auf der gesamten Nordhalbkugel verbreitet. Er brütet in N-Amerika (Verbreitungskarte USA) auf Grönland und den größten Teilen Eurasiens.
In der Westpaläarktis brütet er im gesamten
skandinavischen Raum, in Osteuropa bis an den Ural, im Süden in der Türkei, in
Griechenland, Süditalien, auf den Mittelmeerinseln, in Spanien und Portugal. In Marokko,
Algerien und Tunesien kommt er ebenfalls als Brutvogel vor. Bauer & Berthold (1997)
geben für Mitteleuropa ca. 12.000 bis 18.000 Brutpaare an.
|
Ökologie
|
Verwandte Arten
|
|
Die Nominatform Corvus
corax umfaßt 5-8 Unterarten. Zur Gattung Corvus zählen drei weitere Arten.
In Europa kommen insgesamt elf Arten der Corvidenfamilie vor.
|
|
Arten der Gattung Corvus | Arten der Familie Corvidae |
Aaskrähe Corvus corone | Eichelhäher Garrulus glandarius |
ssp. Rabenkrähe Corvus corone corone | Unglückshäher Perisoreus infaustus |
ssp. Nebelkrähe Corvus corone cornix | Tannenhäher Nucifraga caryocatactes |
Saatkrähe Corvus frugeligus | Alpendohle Pyrrhocorax graculus |
Dohle Corvus monedula | Alpenkrähe Pyrrhocorax pyrrhocorax |
Elster Pica pica | |
Blauelster Cyanopica cyana |
Verfolgung und GefährdungBedeutendster Einfluß auf die Kolkraben Populationen wurde durch direkte Verfolgung ausgeübt. Nachstellungen durch Abschuß, Schlagfallen, Giftköder u.ä. dezimierten die Bestände von Kolkraben in Mitteleuropa massiv. Von den einen als intelligenter Zeitgenosse geliebt und geachtet, von den anderen als "Pestvogel" gehaßt. Tausendfach vergiftet, abgeschossen oder erschlagen, schreiben viele Rabenvogelarten in Europa eine "schwarze Geschichte". Den Corviden wurde zu Beginn des 19ten Jahrhunderts sehr vehement nachgestellt. Neben Tellereisen wurden Gifte wie Strychnin und Glucochloral (Havelke & Ruge 1988) benutzt, so daß der Kolkrabe durch massive Verfolgung in weiten Teilen Mitteleuropas ausgerottet wurde. In den Niederlanden setzte um 1900 ein starker Rückgang ein, welche zum vollständigen Verschwinden der Art im Jahre 1927 führte (Niethammer 1963). In Belgien brütete letztmals 1919 und in Luxemburg verschwand er schon Ausgang des 18ten Jahrhunderts (Niethammer 1963). In Deutschland kam nach Niethammer (1963) der Kolkrabe einst in allen größeren Waldgebieten als Brutvogel vor. Mitte des 18ten Jahrhunderts war ein Absinken der Bestandsgrößen zu verzeichnen. Um die Jahrhundertwende fehlte der Rabe bereits in Baden-Württemberg, Hamburg, in der Pfalz, in Sachsen, Schlesien, Thüringen und Westfalen als Brutvogel (Niethammer 1988: 50). Mitte des 19ten Jahrhunderts war der Kolkrabe im westlichen Mitteleuropa ausgerottet! Letzte Refugien lagen im norddeutschen Raum, in Polen sowie in der Alpenregion (Niethammer 1963). Erst nach Beendigung der aggressiven Verfolgung durch den Menschen und anfängliche Schutzbemühungen expandierte der Kolkrabe wieder in Richtung seiner ehemaligen Verbreitungsgebiete. Die Wiederbesiedlung wurde genährt von den Teilpopulationen der Rückzugsgebiete.
Nicht nur in Mitteleuropa sondern auch in Nordamerika weist der Kolkrabe eine zunehmende Tendenz auf [Entwicklung des Bestandes in den USA (Grafik , Karte)]. Heutzutage wirken sich Schließung offener Mülldeponien, die Verdrahtung der Landschaft (Stromleitungen etc.) und die Störung an den Neststandorten (Forstarbeiten, Freizeitklettern an Felswänden u.a.) negativ auf die Bruterfolge der Raben aus (Bauer & Berthold 1997). In Zusammenhang mit der sogenannte "Rabenvogelproblematik" besteht die Gefahr der Verwechslung beim Abschuß durch die in sieben Bundesländern bejagte Rabenkrähe. |
|
AusrottungAuch in Hessen wurde dem Kolkraben sein "schlechter Ruf" zum Verhängnis. Vor seiner Ausrottung hat der Rabe nach Berck (1997) wohl nahezu alle Lebensräume in Hessen besiedelt, die ihm Nistgelegenheiten in Steinbrüchen oder hohen Bäumen mit anschließendem Offenland (Nahrungssuche) boten. Der Verfolgung konnte der Kolkrabe in den größeren Waldgebieten der Mittelgebirgslagen standhalten bis er auch von hier vertrieben wurde. Die letzte bekannte Brut auf hessischem Boden fand 1912 statt. Sunkel (1926) schrieb: "Das Kapitel über den Kolkraben... ...kann leider nichts andere als ein Nachruf sein" (Berck 1997). Nachdem die Gefährdung dieser Art immer offensichtlicher wurde und erste Schutzmaßnahmen ergriffen wurden (auch auf gesetzlicher Basis), begann die Wiederbesiedlung aus den letzten Refugien (Polen, Alpenvorland). Nach 73 Jahren ohne brütende Kolkraben in Hessen konnte 1985 in den Kreisen Hersfeld-Rotenburg und Schwalm-Eder die beiden ersten sichere Brut nachgewiesen werden. Die Wiederausbreitung in Hessen hatte Fuß gefaßt. Der Prozeß der Wiederbesiedlung in Hessen ist noch nicht abgeschlossen. In den regionalen Avifaunen der Ornithologischen Arbeitskreise (HGON, Nabu etc.) ist immer wieder von Erstbruten zu lesen. Brauneis (1991) berichtet über die Wiederbesiedlung des nordhessischen Raumes. |
WiederbesiedlungNachdem der Rabe ca. 70 Jahre in Hessen nicht als Brutvogel vertreten war,
hat er zu Beginn der 80er Jahre sein comeback gestartet. Wurden die Verfolgungen
eingestellt und die ersten (auch gesetzlichen) Schutzmaßnahmen ergriffen, so faßte er
langsam wieder Fuß. Nach und nach besiedelte der Kolkrabe von Nordosten kommend die
hessischen Landkreise wieder. Die Karten 3 und 4 veranschaulichen die Ausbreitung des
Kolkraben in Hessen von 1985 bis 1995. Karten von 1912 bis 1998 stellen
die Wiederbesiedlung Hessens auf Kreisbasis dar. |
|||||
|
|||||
|
Aktuelle Verbreitung in HessenNach den ersten Brutpaaren im Jahre 1985 hat sich der Kolkrabe inzwischen in vielen Landkreisen als Brutvogel etabliert. Nach Ergebnissen der aktuellen Erfassung sind derzeit 14 Kreise in Hessen wiederbesiedelt. Nachdem Berck (1997) in der hessischen Avifauna noch von 60 Revierpaaren/Brutpaaren ausging, ist aktuell (1998/99) von ca. 110 Brutpaaren in Hessen auszugehen (Müller & Rösner i. Vorb.). Bei nachfolgende Karten ist gerade im mittelhessischen Bereich noch von einigen Datenlücken auszugehen (z.B. Vogelsberg). |
Karte 5:
Bekannte Vorkommen des Kolkraben in Hessen 1979
|
HabitatansprücheEntsprechend seiner Autöklogie sind dem Raben artspezifische Ansprüche an das
Bruthabitat zuzuordnen.
|
|
|||||||||
Karte 6: Brutplätze der Raben liegen in Hessen vorwiegend außerhalb der Gebiete des Buntsandsteines (orange: Buntsandstein, olivgrau: Basalt, braun und graublau: Schiefer und Grauwacke, lila: Muschelkalk, schwarze Linie: Landesgrenze Hessen). | Karte 7:
Lage der Horste in Bezug zur Freiland- Waldverteilung. Waldränder werden offensichtlich bevorzugt (grün: Wald, orange: Offenland, blau: Horste). |
DankOhne die kräftige Unterstützung vieler Personen wäre die vorliegende Arbeit über die Bestandsentwicklung und aktuelle Verbreitung des Kolkraben in Hessen nicht zu Stande gekommen. Besonders sei der Vogelschutzwarte in Frankfurt, vertreten durch M. Hormann und Dr. K. Richarz, der Hessischen Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie (HGON), sowie Dr. K.-H. Müller vom Fachbereich Geographie der Philipps-Universität Marburg und Anita Hopes (Marburg) gedankt. Die folgenden Personen haben uns uns durch das Zusenden von Erfassungsbögen tatkräftig unterstützt: Dr. Anhut, K.-H.; Arno, W.; Bender, H.; Brauneis, W.; Diehl, O.; Dietz, H.; Dietz, M.; Dressler, B.; Eckstein, R.; Flehmig, B.; Prof.-Dr.-Ing. Friemann, H.; Henning, J.; Herbig, G.; Hettche, E.; Hogefeld, C.; Hormann, M.; Jobst, F.-J.; Jöstingmeier, H.; Jöstingmeier, H.; Korn, M.; Dr. Kreuziger, J.; Lucan, V.; Menning, K.; Norgall, A.; Reifenberg, A.; Reubert, H.; Schäfer, F.; Siebold, D.; Schindler, W.; Schmidt, D.; Schneider, G.; Seum, U.; Stübing, S.; Trieschmann, M.; Veit, W.; Weisenborn; Wissner, H.-E.. Ihnen und allen, die hier vergessen worden sind, sei herzlichst gedankt.
|
Literatur
|
Weiteres zum Thema:Weitere allgemeine Links zum Raben (engl.) 1 , 2 Märchen, Sagen und Mythen: Geschichten über Raben in Nordamerika, Raben in Mythen (engl.)
|